Judoka für Japan: Theresa Stoll

Geboren am: 21.11.1995
Größe: 1,69m
Beruf: Medizinstudentin
Graduierung: 3. Dan
Aktiv seit: 2003
Trainer: Lorenz Trautmann
1. Trainer: Richard Trautmann
1. Verein: TSV München-Großhadern

Nach dem Gewinn der WM-Bronzemedaille wird Theresa Stoll nun endgültig als Medaillenhoffnung nach Tokio reisen. Vize-Europameisterin 2017 und 2018, Dritte 2020, WM-Fünfte 2018 und nun Bronzegewinnerin 2021. Aber auch viele kleine Finals auf der IJF-Tour in den letzten drei Jahren – Theresa Stoll ist ein Garant für gute Platzierungen. Das betonte auch Sportdirektor Hartmut Paulat nach der Bronzemedaille in Kazan. „Sie ist eine Sportlerin mit einer deutlichen Leistungskonstanz.“ Sie steht mit der Bronzemedaille nun auf dem 7. Platz der Weltrangliste und hat sich damit einen Setzplatz gesichert.

Zum Judo ist Theresa Stoll einst durch ihren Bruder Robert gekommen. Ihre Zwillingsschwester Amelie und sie sind oft mit den Eltern mitgefahren, um den Bruder vom Training abzuholen. „So eine Judohalle ist das reinste Kinderparadies. Da wollten wir auch direkt mit Judo anfangen“, erinnert sie sich an die Anfänge. Judo war die einzige Sportart, die sie vereinsmäßig betrieben hat. „Allerdings habe ich zwei ältere Brüder und eine Schwester und wir waren alle sehr aktive Kinder. Da haben wir auch immer schon viel Zeit draußen auf dem Fußballplatz verbracht.“

Ihrem Heimatverein TSV München-Großhadern hielt sie die Treue. „Ich hatte das Glück, dass meine Eltern nicht weit von Großhadern weg gewohnt haben und ich so von Anfang an am Olympiastützpunkt TSV Großhadern trainieren konnte.“ 

Sie wurde schon sehr früh gefördert. Viele Jahre trainierte sie bei Thorben Päthe, mit dem sie auch ihre ersten Erfolge hatte und in die Jugendnationalmannschaft kam. „Mein größter Erfolg mit ihm war, als ich 2011 bei den U17 Weltmeisterschaften in Kiew Silber gewinnen konnte.“ Seit der Juniorenzeit trainiert sie nun bei Lorenz Trautmann.

Sie ist damit schon früh in den Leistungssport hineingewachsen und der war bereits während der Schulzeit ein sehr wichtiger Teil ihres Lebens. Einen großen Vorteil sieht sie darin, dass sie den sportlichen Weg gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Amelie gehen konnte. „Wir haben uns schon immer gegenseitig motiviert und angestachelt. War Amelie bei einer Übung besser, habe ich noch mehr Gas gegeben, um sie vielleicht beim nächsten Mal zu schlagen und so war es auch umgekehrt. Ich glaube, wir haben sehr davon profitiert, dass wir uns immer gegenseitig hatten.“

Für sie ist Judo ein ganz besonderer Sport, der schon immer ein sehr wichtiger Teil in ihrem Leben ist. „Der Sport vermittelt von Anfang an viele wichtige Werte und ich habe durch meinen sportlichen Weg auch sehr viel für mein späteres Leben gelernt.“

Ein wichtiger Meilenstein in ihrer Judo-Karriere und auch der emotionalste Erfolg für sie war im Februar 2017 der Sieg beim Heim-Grand Prix in Düsseldorf. „Ich war damals auf der internationalen Bühne noch nicht so bekannt und bin ohne großen Druck an den Start gegangen. Im Verlauf des Wettkampfes habe ich dann gemerkt, wie ich von Kampf zu Kampf immer mehr Selbstvertrauen dazugewonnen habe. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich alle meine Kämpfe auch erst im Golden Score gewinnen konnte. Die Emotionen, die ich bei dem Wettkampf gefühlt habe, als ich im Finale die damalige Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Spiele von Rio besiegt habe, werde ich nie vergessen.“ 

Die Erfolge der Münchnerin sind nicht unentdeckt geblieben. Die Trägerin des dritten Dans profitiert von den Förderungsmaßnahmen der Deutschen Bank und der Deutschen Sporthilfe. Sie wurde zudem für ihre herausragenden Leistungen in Sport und Studium von der Deutschen Bank und der Deutschen Sporthilfe als „Sport-Stipendiat des Jahres 2017“ ausgezeichnet. Gemeinsam mit Schwester Amelie wurde Theresa Stoll 2019 Teil der Markenkampagne der Deutschen Bank. Die bekanntesten Judo-Zwillinge Deutschlands waren über Monate hinweg auf Plakaten und in Werbeclips zu sehen. 

Wie im Judo-Leben legt sie auch in ihrer beruflichen Entwicklung ein rasantes Tempo vor. Nach ihrem Abitur im Jahr 2014 hat sie sich zunächst ein Jahr überwiegend auf den Sport konzentriert und sich nebenbei auf den Medizinertest vorbereitet. „Als ich dann noch das Pflegepraktikum im Krankenhaus gemacht habe, das man für sein Medizinstudium ableisten muss, wurde mir klar, dass ich eines Tages Ärztin werden will.“ Im Wintersemester 2015/16 hat sie dann mit dem Medizinstudium begonnen und bereits zwei Jahre später das erste Staatsexamen gemacht. „Aktuell bin ich noch im klinischen Abschnitt meines Studiums, aber auch nicht mehr so weit von meinem zweiten Staatsexamen entfernt“, sagt sie und nötigt damit einen großen Respekt ab.

Sie würde sich als einen sehr ehrgeizigen, strukturierten und gewissenhaften Menschen beschreiben. „Im Judo liegen meine Stärken auf meinem dominanten Griffkampf und meiner Schnelligkeit, mit der ich meine Würfe ansetze.“ Eine ihrer Schwächen ist ihre Ungeduld. „Außerdem bin ich in vielen Situationen zu selbstkritisch“, merkt sie noch an.

Mit WM-Bronze im Gepäck geht es ab nach Tokio...

Direkt nach den Olympischen Spielen wird sie sich erstmal eine kleine Auszeit nehmen, um ihrem Körper die nötige Erholung zu geben. „Die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele erstreckt sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren, in denen man sehr viele Kompromisse eingehen muss, vor allem auch im privaten Bereich. Deshalb will ich besonders mit meinen Freunden und meiner Familie mehr Zeit verbringen.“ Danach wird sich ihr Fokus wieder stärker auf die Uni legen, um das Studium bald abschließen zu können.

Nach dem Leistungssport möchte sie dann als Ärztin arbeiten, wobei sie sich noch nicht für eine konkrete Fachrichtung festlegen möchte.

Neben diesem enormen Pensum trifft sie sich auch gerne mit Freunden auf einen Kaffee, zum gemeinsamen Kochen oder einfach mal für einen Spieleabend. „Außerdem verbringe ich gerne Zeit in den Bergen. Im Sommer zum Wandern und im Winter zum Skifahren.“

In den kommenden Wochen liegt ihr kompletter Fokus aber erst einmal auf der Vorbereitung für Olympia. „Es war schon immer mein größter Traum, eines Tages an den Olympischen Spielen teilnehmen zu können. Jetzt ist es mein großes Ziel, am Tag X auf die Matte zu gehen, mein bestes Judo zu zeigen und am Ende eine Medaille zu gewinnen.“

Theresa Stoll hat einen Facebook- und Instagram-Account, ist aber nur noch auf Instagram aktiv unter theresa.stoll.
 


Fragen an Theresa Stoll

Was treibt Dich an?

Mein Traum von einer olympischen Medaille.

Wie schaffst Du es, Deinen inneren Schweinehund zu überlisten?

Ich setze mir kleine Ziele, an denen ich Schritt für Schritt weiterarbeite, ohne das große Ziel aus den Augen zu verlieren.

Was gefällt Dir an Dir besonders?

Mein Ehrgeiz und meine Entschlossenheit, wenn ich mir etwas vorgenommen habe.

Auf welche eigene Leistung bist Du besonders stolz?

Auf mein erfolgreiches Jahr 2017, sowohl sportlich, als auch im Studium.

Gibt es ein Ritual/Glücksbringer beim Wettkampf?

Ein kleiner selbst gehäkelter Glücksbringer von meiner Schwester Amelie.

Was magst Du an Dir gar nicht?

Meine Ungeduld.

Wie kannst Du am besten entspannen?

Draußen in der Natur, am liebsten in den Bergen.

Was ist Deine Lieblingsspeise, die Du Dir wünschst, wenn Du nach Hause zu den Eltern kommst?

Spaghetti Bolognese.

Wem würdest Du mit welcher Begründung einen Orden verleihen?

Meinen Eltern, für alles, was sie bisher für mich getan haben.

Was ist für Dich eine Versuchung?

Eis und Schokolade.

Schenke uns (D)eine Lebensweisheit

Glaube immer an dich selbst!

 

Text und Interview: Birgit Arendt