Judoka für Japan: Anna-Maria Wagner

Geboren am: 17.05.1996
Größe: 182 cm
Beruf: Sportsoldatin, Studentin (Hotel-und Tourismusmanagement)
Graduierung: 3. Dan 
Aktiv seit: 2004
Trainer: Mirko Grosche und Claudiu Pusa (Bundestrainer)
1. Trainer: Christa Hoffmann
1. Verein: KJC Ravensburg 


In der Konkurrenz der 78-Kilo-Klasse gibt es eine weitere Sportlerin, die in den letzten drei Jahren unglaublich viele Medaillen gesammelt hat und sehr kontinuierlich in der Weltspitze mitmischt. Anna-Maria Wagner gewann 2019 sieben Medaillen bei Turnieren auf der IJF-Tour und stand dabei fünf Mal im Finale. Mit der Bronzemedaille 2020 in Düsseldorf hatte sie vorerst die Nominierung für Olympia 2020 gefestigt. Aber auch 2021 blieb sie gleichbleibend erfolgreich. Sowohl beim Grand Slam in Tel Aviv als auch in Kazan gewann sie Gold. Derzeit steht sie an 3. Stelle der Weltrangliste.

Zum Judo kam Anna-Maria Wagner über eine Judo-AG. „Es hat mir so viel Spaß gemacht, da wollte ich danach direkt im Verein KJC Ravensburg weiter machen.“ Allerdings gab es durchaus auch noch andere Sportarten, die sie mit viel Freude ausgeübt hat. „Ich habe Tennis gespielt, vier Jahre Ballett und zwei Jahre Hiphop getanzt.“ Aber sie war schon relativ früh im Judo erfolgreich und wollte dann auch immer mehr. „Ich habe eine sehr gute Judo-Grundschule von meiner ersten Trainerin, Christa Hoffmann, mitgenommen. Das war der Grundstein, auf dem ich bis heute noch weiter aufbaue.“ 

„Als ich dann in die Nationalmannschaft U17 gekommen bin, war für mich klar, Judo ist mehr als ein Hobby für mich. Nach meinem Realschulabschluss bin ich dann 2012 nach Stuttgart ins Sportinternat gezogen.“ Da hatte sie bereits im Vorjahr an den Europäischen Jugendspielen teilgenommen. In Stuttgart hat sie ihr Abitur auf dem Wirtschaftsgymnasium gemacht und ist anschließend zur Bundeswehr gegangen. „Es war klar, wenn ich ganz nach oben möchte, muss ich an einem Stützpunkt trainieren“, sagt sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge, da sie gern in Stuttgart war. „Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu Stuttgart und meinem Trainer Mirko Grosche und versuche immer mal wieder, nach Stuttgart zu fahren, um dort zu trainieren.“

Judo ist für sie immer wieder eine Faszination. „Judo ist für mich kein Hobby mehr, es ist meine Leidenschaft, mein Beruf, mein Leben“, sagt sie begeistert. „Es ist für mich immer noch eine der schönsten Sportarten und ich bin wahnsinnig froh, dass ich hier gelandet bin.“ Dabei ist für sie das Schöne an der Sportart, dass nicht eine bestimmte Weite, Höhe oder Schnelligkeit zählt. „Es zählt jede einzelne Sekunde. Man kann gegen Jeden gewinnen aber auch gegen Jeden verlieren.“

Sie hat ein gutes Judo-Gefühl. „Ich denke beim Kämpfen nicht groß nach, sondern agiere einfach je nach Situation intuitiv. „Wenn mein Kopf am Wettkampftag optimal da ist, weiß ich, ich kann alle schlagen.“ Aber sie sagt auch selbstkritisch, dass sie manchmal noch ein wenig zu lieb auf der Matte ist. „Ein bisschen mehr Aggressivität kann auch jeden Fall bei den Frauen -78 kg nicht schaden.“

Nach ihren prägendsten Erfolgen befragt, antwortet sie: „Es gibt viele unglaubliche Erfolge für mich. Nie vergessen werde ich meinen ersten EM-Titel U21 im Jahr 2016. Dieses Jahr war in der Jugend mit Abstand mein Erfolgreichstes.“ Sie hat jedes Turnier gewonnen, war ungeschlagen und die Krönung bzw. der Abschluss war dann Europameisterschafts-Gold. „In diesem Jahr hat man mir den Spitznamen ´Gold-Marie´ gegeben“, sagt sie schmunzelnd.
Aber als wichtigsten und gleichzeitig emotionalsten Erfolg bezeichnet sie die Bronzemedaille 2020 in Düsseldorf. „Ich hatte bis dahin zwei Jahre Olympia-Qualifikation hinter mir. Und ich wusste, das wird der entscheidende Wettkampf. Danach ist die Nominierung. Und ich habe diesen Tag zu meinem gemacht!“

Anna-Maria Wagner 2019 beim Grand Slam in Düsseldorf

Zu ihren Vorbildern befragt, antwortet sie diplomatisch: „Ein richtiges Vorbild hatte ich bis jetzt nie, für mich sind alle Olympiasieger Vorbilder.“ Sie ist von Kindheit an eng mit Olympischen Spielen verbunden und war schon immer von den Sportlern und deren Leistungen begeistert. „Als Ole Bischof 2008 Olympiasieger wurde, war für mich klar: Da will ich auch mal stehen!“

Nach dem ganzen Olympiastress hatte sie eigentlich vor, ein bisschen zu reisen. Nun muss sie aber erst mal schauen, was so alles möglich ist. Auf jeden Fall folgt noch ein Bundeswehr-Lehrgang in Warendorf. Und im Mai 2022 geht die nächste Olympiaqualifikation schon wieder los. 

Bis dahin wird sie alle Vorbereitungen treffen, um ihr Leben nach der leistungssportlichen Phase vorzubereiten. „Seit April 2016 studiere ich an der Fernhochschule SRH Riedlingen Hotel- und Tourismusmanagement.“ Das ist ihr Plan A für die Zukunft. „Generell möchte ich später in der Hotellerie arbeiten und am liebsten wieder zurück in die Heimat und dort in unser Familienhotel einsteigen.“ Privat wünscht sie sich dann auch eine Familie. „Ich habe ein sehr großes Herz für Kinder.“ Auch ist sie gern unter Leuten und mit Freunden zusammen. „Wir kochen gern gemeinsam und machen auch mal Spieleabende. Nebenbei nähe und häkle ich auch sehr gerne.“ Eine große Leidenschaft hat die im Süden der Bundesrepublik Wohnende besonders: „Im Winter gehe ich super gern Ski fahren.“

Zu Olympia wird sie fahren, um dort nicht nur teilzunehmen. „Für mich steht ganz klar die Medaille im Fokus. Mein Ziel ist „Mission Gold“!“

Auf Social Media ist Anna-Maria Wagner auf Instagram zu erreichen unter: anna_ma_wagner.


Fragen an Anna-Maria Wagner

Was treibt Dich an?

Mich treibt mein Erfolg an. Sobald ich Medaillen irgendwo hole, möchte ich mehr oder mich noch besser platzieren! Ich möchte bis ganz nach oben!!

Wie schaffst Du es, Deinen inneren Schweinehund zu überlisten?

Alleine ist es tatsächlich sehr schwer für mich. Da wir meistens immer im Team trainieren, treibt mich das Team an. Man möchte immer besser, stärker und schneller als die anderen sein.

Ganz besonders verdanke ich es aber Maike Ziech. Ohne sie hätte ich vermutlich das ein oder andere Training nicht so gut durchgezogen. Wir sind ein tolles Team!

Was gefällt Dir an Dir besonders?

Dass ich ein sehr fröhlicher Mensch bin und auch meistens für gute Laune sorge. Und ich bin sehr froh, dass ich ein unkomplizierter Mensch bin.

Auf welche eigene Leistung bist Du besonders stolz?

Ich würde sagen, so ganz alleine habe ich nichts erreicht. Auf meinem Erfolgsweg hatte ich immer super Leute um mich. Meine ganzen Medaillen habe ich zusammen mit meinem Team geholt, auf das ich mich zu 100% verlassen kann. Egal ob sie live bei mir sind oder nur in Gedanken. Und ich bin froh, dass ich so selbstständig bin, wie ich es heute bin.

Gibt es ein Ritual/Glücksbringer beim Wettkampf?

Dieses „eine“ Ritual gibt es bei mir nicht. Ich würde eher sagen, dass ich über die Jahre eine gewisse Routine beim Wettkampf aufgebaut habe. Aufwärmen, Musik hören, mental hochfahren usw. Ich halte mich dabei aber nie zu 100% ab genau DAS eine Konzept.

Was magst Du an Dir gar nicht?

Es gibt nichts, was ich absolut gar nicht an mir mag.

Wie kannst Du am besten entspannen?

Entweder aktiv mit einem Spaziergang und Musik oder passiv im Bett mit Netflix und Snacks.

Was ist Deine Lieblingsspeise, die Du Dir wünschst, wenn Du nach Hause zu den Eltern kommst?

Egal was, Hauptsache schwäbisch - Maultaschen, Kässpätzle, Wurstsalat und Co.

Worüber kannst Du am meisten lachen?

Über vieles, Hauptsache es ist witzig.

Als Kind/Jugendlicher wollte ich sein wie….?

Ich hatte nie ein Idol.

Wem würdest Du mit welcher (kurzen) Begründung einen Orden verleihen?

Ich würde zwei Orden verleihen:

An meinen Sportpsychologen und Freund Moritz Anderten – Ich habe ihn kennen gelernt, als es mir mental nicht so gut ging. Er hat mich wieder auf die richtige Bahn gebracht und vieles beigebracht, wovon ich noch heute profitiere. Ihm habe ich mein erfolgreichstes Jahr 2019 zu verdanken. Natürlich arbeite ich noch jetzt mit ihm zusammen. Es gibt immer neue kleine Baustellen, an denen man arbeiten kann.

An Maike Ziech, meine Trainingspartnerin und sehr gute Freundin – wir kennen uns schon seit 2013 und sind seit 2019 feste Trainingspartnerinnen. Sie ist die meist gut gelaunteste Person, die ich kenne. Sorgt immer für gute Stimmung, auch wenn man selber mal einen schlechten Tag hat. Keiner hat so viele Verletzungen wie sie hinter sich, dennoch kommt sie jedes Mal noch motivierter und stärker zurück.

Mein erstes Grand Slam-Gold gehört zur Hälfte ihr. Mit ihr habe ich das erste Pandemie-Jahr überstanden. Wir haben gemeinsam jeden Tag alles gegeben und uns gegenseitig motiviert.

Was ist für Dich eine Versuchung?

ESSEN! Egal ob Herzhaft oder Süß.

Schenke uns (D)eine Lebensweisheit:

Am Ende wird alles gut, ist noch nicht alles gut, ist es auch nicht das Ende!

 

Text und Interview: Birgit Arendt